Er beflügelt es durch weitläufige Assoziationen und macht es engmaschig genau. Sein Bildmaterial besteht aus digitalen Fotos, die er aus nächster Nähe um die Ecke, aber auch auf Reisen rund um die Welt festhält. Sein Archiv versammelt die laufende Ernte eines unersättlichen Auges, für das eine Pfütze sich als sintflutartige Umwelt- katastrophe ergießt oder einzelne Blütendolden auf einem Teich sich zur tausendfach verzweigten Spiegelung auswachsen - mein Favorit unter all den Frühlingsbildern seit Botticelli ist seine Arbeit „Giverny“ (2017). Fotografische Details entfalten sich zu expansiv bewegten Panoramen, urbanen Silhouetten oder fernen Hügelketten. Kontraste werden verschliffen, akzentuiert oder abgetönt. Blickwinkel schieben sich ineinander, Perspektivfragmente schrumpfen, bei äußerster Detailschärfe, zu winzigen Ausschnitten oder weiten sich in kosmische Dimensionen. Auf diese Weise enthüllt Takés Bildphantasie nie gesehene Zusammenhänge und eröffnet eine neue Sicht auf die Welt.
Bei all dem lässt der deutsch-japanische Künstler die traditionelle Malerei ebenso hinter sich wie die traditionelle Fotografie. Allerdings führt er deren Quintessenz, mit anderen Mitteln, fort. Er verfügt souverän über die avanciertesten Medien, nutzt virtuos die Klaviatur der Computerskala für farbige Lasuren oder hellt mittels Solarisationen auf. Im Gegensatz zu Andreas Gursky, der ungezählte minimale Abweichungen nebeneinander stellt, verschmilzt Také seine digitalen Montagen zu barocken Weltlandschaften von evolutionären Wucherungen über die Finanzkrise 2008 („Mikado“) bis zu endzeitlichen Untergangsszenarien. Jede Sequenz ist zugleich ein intuitiv durchdachter Gedankengang und eine eindrucksvoll komponierte Bildfolge.
Manfred Schneckenburger, Köln im April 2019